Die Invasion der "Prompt-Kiddies": Warum euer "SEO ist tot"-Geschrei einfach nur peinlich ist

Macht mal LinkedIn auf. Oder X. Was sehen wir da? Eine Armee von Klonkriegern, die sich über Nacht vom “Crypto-Guru” (2021) und “NFT-Evangelist” (2022) jetzt zum “AI-Consultant & Prompt Engineer” (2024/25) transformiert haben.
Es ist wie eine digitale Seuche, und das Symptom ist immer dasselbe: Maximale Lautstärke bei minimaler Ahnung.
“Ich beschäftige mich schon seit 10 Jahren mit KI”
Ach wirklich, Bub?
Vor 10 Jahren war 2015. Da hast du wahrscheinlich noch versucht, Backlinks in Forensignaturen zu verstecken oder hast Clash of Clans gespielt.
Lass uns mal Tacheles reden: Das Paper “Attention Is All You Need” (die Basis für Transformer-Modelle) kam erst 2017 raus. GPT-3 gab es erst 2020. Wenn du mir also erzählst, dass du seit einer Dekade “Deep Learning Strategien für Enterprise SEO” entwickelst, dann hast du entweder bei DeepMind im Keller gewohnt oder – und das ist wahrscheinlicher – du lügst dir gerade deine Bio schön, weil du einmal Siri benutzt hast.

Diese künstliche Aufblähung der eigenen Expertise ist nicht nur lächerlich, sie ist respektlos gegenüber den Leuten, die wirklich seit Jahren an NLP (Natural Language Processing) und echten Datenmodellen arbeiten.
Der Mythos vom “SEO-Tod” (zum 500. Mal)
Dann kommt der Klassiker, meistens verpackt in einen dieser unsäglichen “Hier ist der Beweis”-Threads:
“SEO IST TOT. Google ist vorbei. Wer jetzt nicht meine ‘100 God-Mode Prompts’ kauft, ist morgen arbeitslos.”
Hört auf. Einfach aufhören.
SEO stirbt nicht. Es ändert sich. Das tut es seit 25 Jahren. Aber diese Panikmache hat nur ein einziges Ziel: Angst verkaufen.

Ihr verwechselt “Ich lasse ChatGPT einen 800-Wörter-Artikel schreiben” mit Suchmaschinenoptimierung. Das ist so, als würde man sagen: “Kochen ist tot, weil ich eine Mikrowelle habe.”
Klar, du kannst dir Fertigfutter warm machen (nichts anderes sind eure generischen KI-Texte), aber beschwer dich nicht, wenn das 5-Sterne-Restaurant (Google) dein Essen nicht servieren will. Echte SEO – technische Exzellenz, echte Autorität, echte User Signals – lässt sich nicht mit drei Sätzen in Midjourney oder ChatGPT simulieren.
Das Geschäftsmodell: Schaufeln verkaufen im Goldrausch
Und jetzt kommen wir zum eigentlichen Skandal: Eure Produkte.
Ihr verkauft PDF-Listen mit Prompts für 49 €, die man umsonst kriegt, wenn man einfach mal höflich fragt: “Hey ChatGPT, wie kann ich das hier besser formulieren?”
Ihr verkauft “Masterclasses”, die ihr – Ironie des Schicksals – wahrscheinlich mit der kostenlosen Version von ChatGPT in 15 Minuten zusammengeklöppelt habt.
Modul 1: Was ist KI?
Modul 2: Mach dir einen Account.
Modul 3: Schreib “Act as an expert”.
Wow. Bahnbrechend.
Ihr seid keine Experten, ihr seid Arbitrage-Händler für Informationen, die eigentlich frei verfügbar sind. Ihr nutzt die Unsicherheit von Marketing-Leitern und Kleinunternehmern aus, die Angst haben, den Anschluss zu verlieren. Das ist kein Consulting, das ist Verarschung.
Das Fazit: Qualität setzt sich durch (hoffentlich)
An alle da draußen, die gerade nervös werden, weil irgendein 22-jähriger “Visionary” auf LinkedIn das Ende ihrer Branche prophezeit: Atmet durch.
KI ist ein Werkzeug, kein Ersatz für Strategie.
Ein Hammer baut kein Haus, und ChatGPT baut keine Marke.
Diese Glücksritter werden weiterziehen, sobald der nächste Hype kommt (wahrscheinlich Quantencomputing oder wieder irgendwas mit Metaverse). Wer aber echtes SEO betreibt, wer versteht, wie man Menschen erreicht und nicht nur Algorithmen füttert, der wird auch morgen noch da sein.
Der Rest kann ja gerne versuchen, seine Miete mit “Engagement-Bait” zu bezahlen.
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Carsten Feller
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Test Driver
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